Nachdem die drastische Erhöhung der US-Importzölle monatelang das beherrschende Thema an den Märkten war, verlor es in den vergangenen Wochen an Einfluss. Die tatsächlichen US-Zölle sind in den meisten Fällen niedriger in Kraft getreten als zunächst angekündigt. Mit zahlreichen Ausnahmen und Sonderregelungen versucht die Trump-Administration zudem die negativen Auswirkungen auf die USA abzumildern, die in vielen Fällen auf die Einfuhren aus dem Ausland angewiesen sind. In Einzelfällen erhöhte Trump aus persönlicher Verärgerung die Zölle, so gegenüber gegen Brasilien und Indien. China drohte er, den Handel zwischen den zwei weltgrößten Volkswirtschaften mit Zöllen von 200 Prozent praktisch zum Erliegen zu bringen, was die Sorgen um Handelskonflikte nicht verstummen ließ. Allerdings dürfte gerade in diesem Fall die Verhandlungsposition der USA aufgrund von Abhängigkeiten eher schwach sein.
Anstieg der US-Staatsverschuldung erwartet
Es zeichnet sich ab, dass weder die Sparmaßnahmen der Trump-Administration noch die Zolleinnahmen das versprochene Ausmaß erreichen, sodass die ohnehin hohe Staatsverschuldung der USA unter Trump noch schneller als zuvor wachsen dürfte.
Sorgen um ausufernde Staatsschulden belasteten zeitweise die Kapitalmärkte und strahlten von den Renten- auf die Aktienmärkte aus. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen, die bis Mitte September auf 4,0 Prozent gesunken war, stieg in der zweiten Monatshälfte wieder Richtung 4,2 Prozent. In Europa rückte zunehmend das hoch verschuldete Frankreich in den Fokus. Die dortige Budget- und Regierungskrise belastete zeitweise vor allem französische Aktien, insbesondere Finanzwerte.
Für die Wall Street und globale Investoren blieb die US-Notenbank wichtiger. US-Präsident Trump versuchte die Notenbank-Gouverneurin Lisa Cook ihres Amtes zu entheben. Dazu verbreitete er den Vorwurf von Falschangaben bei einem Kreditantrag. Ironie der Geschichte: Trump selber ist wegen fortgesetzter und vielfacher Falschangaben bei Krediten ein rechtskräftig verurteilter Betrüger. Die Abberufung von Cook durch Trump wurde von einem Gericht als illegal eingestuft und verhindert. Allerdings gelang es Trump, einen seiner Gefolgsleute, Stephen Miran, in den entscheidenden Offen-Markt-Ausschuss (FOMC) zu berufen. Dieser forderte dort umgehend die Senkung der Leitzinsen um einen halben Prozentpunkt, wurde aber von allen anderen FOMC-Mitgliedern überstimmt.
Positive Auswirkungen auf US-Aktien nach Zinsentscheidung der Fed
Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) senkte ihren Leitzins deshalb wie mehrheitlich erwartet um 0,25 Prozentpunkte auf die Spanne von 4,0 bis 4,25 Prozent. Damit reagiert sie auf die zunehmende Schwäche am amerikanischen Arbeitsmarkt. Weitere Leitzinssenkungen gelten als wahrscheinlich. Längerfristige Sorgen um die Unabhängigkeit der US-Notenbank, die nicht den Anweisungen der Regierung unterworfen sein soll, traten gegenüber den kurzfristigen positiven Wirkungen der Leitzinssenkungen in den Hintergrund. Niedrigere Zinsen begünstigen die Bewertung von Aktien, insbesondere von Wachstumswerten, bei denen die großen Gewinne in fernerer Zukunft erwartet werden.
ENTWICKLUNG DER US-LEITZINSEN IM DREI-JAHRES-ZEITRAUM
Zwischenzeitlich verlor das Boom-Thema der Künstlichen Intelligenz (KI) an Zugkraft. Als der KI-Chiphersteller Nvidia hohe Umsatz- und Gewinnzuwächse bekannt gab, löste das statt weiterer Kursgewinne einen Kursrückgang aus. Dass Nvidia aber bis zu 100 Milliarden US-Dollar in den ChatGPT-Entwickler OpenAI investieren will, befeuerte die KI-Euphorie wieder. Die Nvidia-Aktie erreichte ein neues Rekordhoch.
Insbesondere die Nasdaq-Indizes profitierten von der Kurserholung der Apple-Aktie und der zunächst fortgesetzten Rekordjagd bei Alphabet. Der Nasdaq-100 kletterte bis auf 24.782 Zähler. Auch alle wichtigen US-Standardwerte-Indizes sowie der führende Nebenwerte-Index Russell 2000 erreichten im September neue Rekordhöchststände.
Euro Stoxx 50 tritt auf der Stelle, Aufwärtstrends bei Nikkei-225 und Hang Seng
An den europäischen Aktienmärkten setzte sich dagegen die seit Monaten anhaltende Seitwärtsbewegung fort. Zunehmende Störmanöver, Sabotageakte und Provokationen durch Russland erinnerten an die Gefahr einer Ausweitung des russischen Angriffskriegs auf NATO-Gebiet. Der Euro Stoxx 50 blieb in der seit Mai gültigen Bandbreite zwischen rund 5.200 und gut 5.500 Punkten. Beim Deutschen Aktienindex DAX verengte sich die Bandbreite der Bewegung im September auf den Raum zwischen knapp 23.300 und 24.000 Zählern.
Die gute Stimmung für Technologieaktien an der Wall Street strahlte auch in Richtung der asiatischen Börsen, wo beispielsweise Chiphersteller profitierten.
Am japanischen Aktienmarkt kam nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Shigeru Ishiba die Erwartung dazu, dass sein Nachfolger eine wirtschaftsfreundlichere Politik umsetzen könnte. Der Nikkei-225-Index setzte seinen Aufwärtstrend fort und stieg erstmals in seiner Geschichte über 45.000 Punkte. Auch der Hang Seng Index der Börse in Hongkong bestätigte mit neuen Mehr-Jahres-Hochs seinen Aufwärtstrend. Erstmals seit 2021 notierte der Index wieder über 26.000 Zählern.
US-Dollar wenig verändert – Gold steigt auf neue Rekordhöhen
Der US-Dollar zeigte sich nur wenig verändert. Die Leitzinssenkung, die den Zinsvorteil gegenüber Währungen wie Euro und japanischem Yen verkleinerte, war schon zuvor eingepreist worden. Als Misstrauensvotum gegen den US-Dollar kann man dagegen den beschleunigten Anstieg der Edelmetallpreise werten. Der Goldpreis stieg auf neue Rekordhöhen von fast 3.800 US-Dollar pro Unze. Und auch Silber, Platin und Palladium setzten ihren Preisanstieg beschleunigt fort. Silber erreichte erstmals seit 2011 45 US-Dollar pro Unze.
IM BLICKPUNKT: GRÜNDE FÜR DIE EDELMETALLRALLYE
Der Goldpreis ist seit Mitte August um weitere 15 Prozent gestiegen. Im September wurden für eine Unze erstmals über 3.700 US-Dollar bezahlt. Gegenüber dem Goldpreis vom Jahresbeginn bei 2.624 US-Dollar ist das ein Anstieg um 43 Prozent. Auch der Silberpreis beschleunigte in den vergangenen Wochen seinen Aufwärtstrend. Gut 45 US-Dollar pro Unze bedeuten für das laufende Jahr einen Anstieg um 55 Prozent. Und der Platinpreis erhöhte sich gegenüber Jahresbeginn sogar um 69 Prozent auf 1.535 US-Dollar pro Unze.
Anstieg der weltweiten Nachfrage treibt Goldpreis
Angebot und Nachfrage bestimmen die Preise. Auch die Entwicklung der Edelmetallpreise lässt sich in der allermeisten Fällen mit Angebot und Nachfrage erklären, wobei es aber durchaus einzelne Marktteilnehmer mit großem Einfluss gibt. Trotzdem gehört der Glaube, Weltmarktpreise seien das Ergebnis willkürlicher Manipulationen durch Wenige, ins Reich der Verschwörungserzählungen. Beim Gold haben zwar große staatliche Notenbanken starken Einfluss auf die Preisentwicklung, weil sie große Goldreserven halten. Allerdings treten die großen Notenbanken, beispielsweise die der USA und Chinas, eher als Konkurrenten am Goldmarkt auf, als dass sie gemeinsame Sache machen.
Schrumpfende Lagerbestände bei Silber, Platin und Palladium
Bei Silber, Platin und Palladium gibt es keine Bestandshalter vergleichbarer Größenordnung. Aufgrund der industriellen Verwendung ist die Nachfrage gänzlich anders strukturiert als bei Gold und eine gewisse Marktmacht ist eher auf der Seite der Produzenten zu vermuten. Insbesondere bei Platin und Palladium gibt es vergleichsweise wenige Minenbetreiber mit hohen Anteilen an der weltweiten Förderung. Hintergrund für den rasanten Preisanstieg bei diesen Edelmetallen ist eine schon seit Jahren gewachsene Lücke zwischen der Nachfrage und dem Teil des Angebots, der neu von Bergwerken aus der Erde geholt wird. Dieser Nachfrageüberhang konnte zunächst durch Lagerbestände gedeckt werden. Aber mit schrumpfenden Lagerbeständen stiegen die Preise in jüngster Zeit entsprechend. Zwar geht von den gestiegenen Preisen ein Anreiz aus, die Förderung zu erhöhen. Dies erfordert aber in den allermeisten Fällen Zeit und hohe Investitionen. Eine starke Ausweitung der Fördermengen ist kurzfristig nicht zu erwarten.
Inzwischen signalisieren zwar sogenannte markttechnische Indikatoren, dass die steilen Aufwärtstrends der vergangenen Wochen nicht mehr lange durchzuhalten sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Preise schnell und stark steigen, denn alle investierten Marktteilnehmer sitzen auf mehr oder weniger hohen Buchgewinnen, was ihre Neigung erhöht, durch Verkäufe Gewinne zu realisieren. Eine sogenannte Konsolidierung, also eine Unterbrechung der Aufwärtsbewegung mit zwischenzeitlichen Preisrückgängen, ist deshalb jederzeit möglich.
Viele Anleger haben die Gold-Rallye bislang verpasst
Aber wie groß ist die Neigung der Edelmetall-Investoren, ihre Bestände zu verkaufen? Die Mehrheit der Gold- und Silberkäufer dürfte sich durch die Entwicklung eher in den Gründen für ihre Investments bestärkt fühlen. Und denjenigen, die Gewinne mitnehmen wollen, stehen diejenigen gegenüber, die bislang nicht oder nicht im gewünschten Umfang investiert sind. Und das sind viele, wie Zahlen zeigen. So halten nach von der UBS veröffentlichten Angaben Family-Offices durchschnittlich nur zwei Prozent ihrer Anlageportfolios in Edelmetallen. Gold-ETCs wie der SPDR
Gold Trust erlebten in den vergangenen Jahren sogar massive Anteilsrückgaben. Viele grundsätzlich an Gold interessierte Anleger haben demnach die Rallye der vergangenen Monate aufgrund schlechten Timings verpasst. Und die größten Gold-Aufkäufer waren in den vergangenen Jahren staatliche Notenbanken, die bislang den größten Teil ihrer Währungsreserven in US-Dollar und US-Staatsanleihen hielten. Es ist kaum anzunehmen, dass sie ihre Politik angesichts der stark steigenden Risiken für den US Dollar und US-Staatsanleihen ändern werden. Im Gegenteil: Die Länder des globalen Südens haben erst begonnen, von Dollar-Anleihen Richtung Gold umzuschichten.
Aufkommende Inflationsgefahren als Push-Faktor
Zum Anstieg der Edelmetallpreise in den vergangenen Wochen hat die Aussicht auf fallende US-Leitzinsen beigetragen. Wenn die Zinsen niedriger sind, fällt der Verzicht auf Zinseinnahmen, mit denen die Edelmetall-Anlage verbunden ist, leichter. Mit den Dollar-Zinsen sinken auch diese sogenannten Opportunitätskosten für das Halten von Gold und Silber.
GOLDPREISANSTIEG AUF REKORDHÖHEN NACH STETIGEM AUFWÄRTSTREND
Damit ist auch das Thema Inflation verbunden. Wenn der reale Wert einer Papierwährung schwindet, steigt der Goldpreis, denn Edelmetalle sind reale Sachwerte. Kurzfristig mag man sinkende Leitzinsen als Zeichen dafür werten, dass die Konjunktur schwach und die Inflationsgefahren gering sind. Aber die Wirkung einer Leitzinssenkung zielt genau darauf ab. Die Wirtschaft soll belebt werden, indem die Kreditaufnahme billiger wird. Leitzinssenkungen fördern damit nicht nur die wirtschaftliche Aktivität, sondern auch die Inflation.
Geringerer Zinsvorteil des Dollars lässt Edelmetallpreise steigen
Schließlich gibt es noch den Zusammenhang mit dem Außenwert von Währungen. Wechselkurse verändern sich in Abhängigkeit der Zinsen der verschiedenen Währungen. Fallende Zinsen machen eine Währung für (Zins-)Anleger weniger attraktiv.
Konkret bedeuten die fallenden US-Zinsen, dass der Zinsvorteil, den der US-Dollar gegenüber anderen Währungen, vor allem gegenüber dem Euro, hat, kleiner wird. Die Zinssenkungen schwächen also den US-Dollar. Im Umfeld der US-Leitzinssenkung fiel der US-Dollar auf den tiefsten Stand seit 2021 und hat seinen Abwärtstrend damit bestätigt. Auch das ist ein Grund dafür, dass die Preise von Edelmetallen in USDollar steigen.
Fazit: Es gibt eine Reihe von Gründen für die Edelmetall-Hausse. Nicht zuletzt die Politik des amtierenden US-Präsidenten spricht dafür, dass Edelmetalle eine sinnvolle Ergänzung für Anlageportfolios bleiben. Mit Investmentfonds gibt es verschiedene Möglichkeiten, von der Entwicklung bei den Edelmetallen zu profitieren: Fonds können in Edelmetalle selbst oder in die Aktien von Edelmetall-Unternehmen investieren.
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