Börsenbericht: Bekannte Favoriten vorn
Die Aufmerksamkeit der Investoren galt weiterhin den US-Inflations-, Arbeitsmarkt- und Konjunkturdaten. Jeder Rückgang wurde dabei von den Kapitalmärkten positiv aufgenommen, weil dies der US Notenbank eine Lockerung ihrer Geldpolitik erlauben würde. Doch zwischenzeitlich aufkeimende Hoffnungen auf baldige Zinssenkungen durch die Federal Reserve schwanden wieder. Die Europäische Zentralbank (EZB) konnte dagegen dem unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Umfeld entsprechend die erste Leitzinssenkung seit 2019 beschließen. Sie senkte am 6. Juni den Hauptrefinanzierungssatz, den Spitzenrefinanzierungssatz und ihren Einlagezinssatz um jeweils 25 Basispunkte. Dies entsprach den Erwartungen des Marktes und blieb deshalb ohne größere Auswirkungen auf die Kurse.
EZB senkt Hauptrefinanzierungssatz um 25 Basispunkte
Der Zinsvorteil, den der US-Dollar gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung hat, wurde durch die unterschiedliche Leitzinspolitik der beiden Notenbanken noch größer, was am Devisenmarkt für leichte Gewinne der US-Währung sorgte. So kostete Anfang Juni ein Euro zeitweilig gut 1,09 US-Dollar und Mitte des Monats dagegen nur noch 1,07 US-Dollar. Insgesamt blieb der Euro/Dollar-Wechselkurs aber in der seit Monaten gültigen Bandbreite.
Die Anleihemärkte zeigten sich beiderseits des Atlantiks eher freundlich. Die wegweisende Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit sank erstmals seit März wieder bis auf 4,2 Prozent. Im April waren in der Spitze gut 4,7 Prozent erreicht worden.
KI sorgt für steigende Kurse am Aktienmarkt
An den Aktienmärkten sorgte zunächst das Thema Künstliche Intelligenz (KI) weiter für Begeisterung und steigende Kurse. Mit Spannung wurden die Quartalsergebnisse von Nvidia erwartet. Der KI-Chip-Hersteller übertraf die Erwartungen erneut und die Aktie stieg auf neue Rekordhöhen. Mit einem Börsenwert von über 3,4 Billionen US-Dollar übertraf Nvidia zeitweilig Microsoft und Apple als wertvollste Unternehmen der Welt. Dann setzten allerdings auch bei den Chip-Aktien Gewinnmitnahmen ein. Bei einigen US Technologiekonzernen wurden die Ausblicke, welche die Unternehmen veröffentlichten, negativ aufgenommen. Der S&P-500-Index und die Nasdaq-Indizes konnten trotzdem ihren Aufwärtstrend fortsetzen und im Laufe des Junis neue Rekorde erreichen. Dem alten Dow Jones Index gelang das nicht. Er wurde u.a. von Boeing gebremst. Der von technischen Mängeln und Skandalen erschütterte Flugzeugbauer meldete, dass er tief in den roten Zahlen steckt. Der Dow Jones blieb zwischen 38.000 und 40.000 Zählern, während der S&P-600 erstmals 5.500 Punkte erreichte und der Nasdaq-100 fast 20.000 Zähler.
Die europäischen Aktienmärkte wurden unterdessen von der politischen Unsicherheit nach den Wahlen zum Europa-Parlament belastet. Hohe Kursrückgänge gab es insbesondere in Frankreich, wo Präsident Macron nach Stimmengewinnen für die Rechtspopulisten Neuwahlen ansetzte. Zudem machten sich Investoren Sorgen um einen möglicherweise drohenden Zollstreit mit China, nachdem europäische Schutzzölle gegen chinesische Elektrofahrzeuge beschlossen wurden. Der französische Leitindex CAC-40 fiel zeitweilig unter 7.500 Zähler und verlor damit fast alle Zuwächse des laufenden Jahres.
Kursverluste beim französischen CAC-40
Der Euro-Stoxx-50 fiel bis auf 4.820 Punkte, auf den tiefsten Stand seit Februar. Besser hielt sich der Deutsche Aktienindex DAX, der nur bis auf rund 18.000 Zähler zurückfiel und damit oberhalb des Zwischentiefs vom April blieb. Dabei half auch die Einrechnung der Dividenden, die größtenteils in den vergangenen Wochen für das vorausgegangene Jahr ausgeschüttet wurden. CAC-40 und Euro-Stoxx-50 sind im Gegensatz zum Performanceindex DAX sogenannte Kurs- oder Preisindizes, bei denen Dividenden nicht in die Berechnung einfließen. Diese Indizes leiden dementsprechend unter Dividendenzahlungen, weil die Aktienkurse dann einen Dividendenabschlag erfahren.
Der japanische Aktienmarkt blieb auch im Juni in der Seitwärtsbewegung, die bereits den Mai geprägt hatte. So pendelte der Nikkei-225-Index zwischen knapp 38.000 und rund 39.300 Zählern. Die Bewertung der japanischen Währung setzte sich bis auf fast 160 Yen für einen US-Dollar fort, den höchsten Stand seit über 30 Jahren.
Kursverluste in China, Rekordjagt in Indien
Die chinesischen Börsen konnten unterdessen nicht erfolgreich an die Kurserholung bis Mitte Mai anknüpfen. Ein Teil der Kursgewinne ging wieder verloren, womit nach mehreren schlechten Jahren die Chancen auf eine kurzfristige Trendwende nach oben kleiner wurden. Der im Gegenzug seit Jahren von Investoren bevorzugte indische Aktienmarkt setzte dagegen seine Rekordjagd fort. Das Wahlergebnis, das Premier Modi und seine Hindu-Nationalisten zu einer Koalition zwingt, wurde positiv aufgenommen.
Blickpunkt: Fonds für dänische Pfandbriefe
Das gestiegene Zinsniveau macht die Suche nach einem attraktiven Rendite-Risiko-Verhältnis wieder aussichtsreich. Dabei stößt man auf das Angebot verschiedener Fondsgesellschaften, welche sich auf Fonds mit dänischen Pfandbriefen (Danish covered bonds) spezialisieren. Das mag auf den ersten Blick verwundern, denn zum einen verlässt man dabei den Euro-Raum, handelt sich also zumindest theoretisch ein Währungsrisiko ein, zum anderen liegt das aktuelle Zinsniveau für dänische Kronen etwas unter den vergleichbaren Euro-Zinsen. Warum also sind dänische Pfandbriefe trotzdem eine Überlegung wert?
Größter Pfandbriefmarkt der Welt
Dänemark besitzt trotz einer Einwohnerzahl von knapp sechs Millionen Menschen den größten Pfandbriefmarkt der Welt. Die hohe Bedeutung von Pfandbriefen für die Refinanzierung von Wohneigentum in Dänemark ist historisch gewachsen. Nach dem Kopenhagener Großbrand im Jahr 1795 wurden die ersten Hypothekenpfandbriefe zur Finanzierung des Wiederaufbaus herausgegeben. Sämtliche Kriege, Krisen und Turbulenzen konnten dem dänischen Pfandbriefmarkt nicht ernsthaft etwas anhaben. Aufgrund der hohen Standards hat es noch nie Ausfälle gegeben. Auch die Subprime-Krise, die folgende Bankenkrise und wenig später die Euro-Staatsschuldenkrise ab 2008 haben dänische Pfandbriefe unbeschadet überstanden. Die Aufsichtsbehörde Danish Financial Services Authority, kurz DFSA, überwacht die vergleichsweise strengen Regeln für das Hypothekengeschäft und die damit verbundenen Anleiheemissionen.
Strenge Vorgaben bei der Kreditvergabe
Die Hypothekenvergabe darf nur nach strengen Beleihungsgrenzen sowie mit Vermögens- und Einkommensnachweisen und ohne jegliche Lockzinsangebote im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Beleihungsgrenzen erfolgen. Zudem sind die Hypothekenbanken selbst stark reglementiert. Sie dürfen sich ausschließlich über Anleiheemissionen finanzieren und keine anderen Geschäftsaktivitäten haben. Die Kreditforderungen müssen in der Bilanz der emittierenden Hypothekenbank bleiben, dürfen also nicht verbrieft und weitergereicht werden. Verbriefungs-Eskapaden, wie sie in der Finanzkrise 2008 gipfelten, sind damit ausgeschlossen.
Vielmehr muss die Erstverlustposition bei der Hypothekenbank verbleiben, womit diese einen starken Anreiz hat, bei der Vergabe von Hypothekenkrediten die Ausfallrisiken gering zu halten. Ein weiteres zentrales Merkmal des dänischen Hypothekensystems ist das gesetzlich verankerte Gleichgewichtsprinzip. Dabei werden die Deckungsaktiva der ausgereichten Pfandbriefe einem spezifischen Kreditpool zugeordnet. Jeder einzelne Kredit kann also genau einem Pfandbrief zugeordnet werden. Im Fall einer Bankenpleite haben die Pfandbrief-Gläubiger nicht nur eine vergleichsweise abstrakte Forderung gegen die Bank, sondern auch ein konkretes Durchgriffsrecht auf die finanzierte Immobilie. Die Einstufung der Pfandbrief-Ratings kann somit weitgehend unabhängig vom Rating der emittierenden Bank ausfallen.
Sicherheit und Transparenz setzen sich auf der Ebene des Gesamtmarktes fort. Hypothekenpfandbriefe sind an der Kopenhagener Börse notiert. Wenige große Banken mit Bestnoten der Ratingagenturen, darunter Nykredit und Nordea, dominieren den Markt mit über drei Viertel des Pfandbriefvolumens.
Marktbesonderheiten durch kündbare Hypotheken
Eine Besonderheit des dänischen Pfandbriefmarktes schreckt manche Investoren auf den ersten Blick ab. Neben „normalen“ Krediten mit festen Laufzeiten gibt es jederzeit kündbare Hypotheken. Die Schuldner kündbarer Hypothekendarlehen haben die Möglichkeit, jederzeit und ohne die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ihre Hypothek zum Nominalwert vorzeitig zurückzuzahlen. Sie können dieses Recht auch nutzen, um bei gefallenen Zinsen in eine für sie günstigere Hypothek umzuschulden. Dieses Kündigungsrecht ist wie eine Option zu bewerten. Der Hypothekenschuldner zahlt für sein Kündigungsrecht eine Prämie in Form eines Renditeaufschlags. Die Kündigung und vorzeitige Rückzahlung der Hypothek entspricht der Ausübung der Option. Aus der Sicht des Anlegers in kündbaren Hypothekenpfandbriefen steht der Begrenzung der Kursgewinne die Vereinnahme der Optionsprämie in Form der höheren Verzinsung gegenüber. Der Pfandbriefanleger kommt somit gleichsam in die Position eines Stillhalters, d.h. Verkäufers einer Kaufoption.
Diese Besonderheit dürfte der Grund dafür sein, dass spezialisierte Fonds für dänische Pfandbriefe aufgelegt worden sind. Sie haben ein anderes Profil als konventionelle Anleihen und erfordern spezielles Know-how beim Fondsmanagement. Langfristig vereinnahmt man als Anleger wie am Optionsmarkt die Stillhalterprämie, was für eine Überrendite sorgt. Bei deutlich sinkenden Zinsen dagegen, also in Phasen steigender Anleihemärkte, wird die positive Rendite des Investments durch die Ausübung der Kündigungsoption etwas geschmälert.
Die Prognose der vorzeitigen Rückgaben ist eine spezielle Aufgabe für die Fondsmanager, denn das Kündigungsverhalten der Dänen hängt nicht allein von der Zinsveränderung ab. Auch die Höhe der einzelnen Hypotheken und damit der absolute Vorteil einer Umschuldung spielen eine Rolle. Darüber hinaus die Regionen, die Nutzungsarten und die Zugehörigkeit zu verschiedenen Schuldnergruppen. Grundsätzlich setzt der Umschuldungsprozess bei sinkenden Zinsen in der Regel erst mit einer Verzögerung ein. Wenn die Zinsen wieder beginnen zu steigen, wollen sich die Schuldner das noch niedrige Zinsniveau sichern.
Gute Ergänzung zu klassischen Rentenfonds
Dass man nicht in Euro investiert und das Zinsniveau für die Anlage in dänischen Kronen aktuell leicht unter den Euro-Zinsen liegt, kann dagegen leicht neutralisiert werden. Bei den in Deutschland angebotenen Fonds für dänische Pfandbriefe gibt es währungsgesicherte Tranchen. Aus der Währungsabsicherung entsteht aktuell sogar ein Zusatzertrag in Höhe von rund 0,35 Prozentpunkten pro Jahr. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften eignen sich Fonds für dänische Pfandbriefe als Ergänzung zu anderen, eher klassischen Rentenfonds.