Börsenbericht: Gewinner und Verlierer
Zum Auftakt der letzten Januarwoche sorgte das chinesische Start-up DeepSeek mit seinem KI-Modell für Kursverluste an den Aktienmärkten. Berichte über dessen Kosteneffizienz ließen Zweifel an den hohen KI-Investitionen in den USA aufkommen. Aktien mit KI-Bezug gerieten unter Druck, weil die DeepSeek-KI offenbar viel weniger Investitionen erfordert, als bislang für Künstliche Intelligenz veranschlagt wurde. Die Open-Source-Technologie ist zudem transparent. Mit knapp 600 Milliarden US-Dollar verlor der KI-Chip-Hersteller Nvidia an einem einzigen Tag mehr an Börsenwert als je eine Aktie in der Geschichte zuvor.
Trumps Ankündigungen verunsichern die Märkte
Auch kurz vor dem Monatsende liegen sechs Magnificent-7-Aktien im laufenden Jahr in der Verlustzone, einzige Ausnahme ist die Meta-Aktie. Der E-Autobauer Tesla verlor seit Jahresbeginn ein Viertel seines Börsenwertes. Die Verkaufszahlen entwickelten sich schlecht, was unter anderem der umstrittenen Rolle von Tesla-Chef Elon Musk in der neuen Trump-Regierung geschuldet sein dürfte. Auch die erratischen Ankündigungen von US-Präsident Donald Trump sorgten für Unsicherheit an den Märkten. Dass er weitere Zolldrohungen in verschiedene Richtungen aussprach und beim Ukraine-Krieg Positionen von Russland übernahm, verstärkte die Verunsicherung. Entgegen seinen Wahlversprechen droht seine Politik die Konjunktur zu schwächen und die Inflation wieder anzuheizen. Das US-Konsumklima verschlechterte sich. Aktien von US-Einzelhandelsunternehmen wie Walmart verzeichneten Kursverluste.
Der Dow Jones entfernte sich im Februar von dem Ende Januar fast wieder erreichten Rekordhoch von Anfang Dezember, das bei 45.073,6 Zählern lag. Andere US-Aktienindizes wie S&P-500 und Nasdaq-100 erreichten im Verlauf des Februars zunächst neue Rekorde, verloren dann aber gegenüber den Vormonaten weiter an Aufwärtsmomentum.
Angesichts der Chancen auf Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine kam es offenbar zu ersten Umschichtungen zugunsten der europäischen Aktienmärkte. Zudem senkte die Europäische Zentralbank (EZB) im Gegensatz zur US-Notenbank erwartungsgemäß erneut ihre Leitzinsen.
DAX mit neuen Rekordhöhen
Europäische Aktienindizes zeigten relative Stärke und bestätigten ihre Aufwärtstrends. Der Euro-STOXX-50 stellt mit Werten über 5.500 Punkten seinen alten Rekord aus dem Jahr 2000 ein. Auch der DAX erreichte neue Rekordhöhen.
Anhaltende Schwäche in Japan
Relative Schwäche zeigte dagegen weiterhin der japanische Aktienmarkt. Der populäre Nikkei-225-Index pendelte an den unteren Rand der seit Oktober vergangenen Jahres gültigen Bandbreite von 37.650 bis 40.400 Zähler zurück.
Nikkei-225
Der indische Aktienmarkt setzte einen im Oktober begonnenen Abwärtstrend fort. Der BSE SENSEX-30 rutschte erstmals seit Juni vergangenen Jahres unter 75.000 Punkte. Besser entwickelten sich im Fernen Osten die chinesischen Aktienmärkte. Der Hang Seng Index der Börse Hongkong zeigte im Februar einen Aufwärtstrend, der den Index mit knapp 24.000 Zählern auf den höchsten Stand seit Februar 2022 führte.
Kryptowährungen geraten unter Druck
Während es an den klassischen Devisenmärkten bei den Hauptwährungen wenig Veränderungen gab, gerieten Kryptowährungen unter Druck. Zunächst drückten die Kryptogeschäfte von US-Präsident Donald Trump und dem argentinischen Präsidenten Javier Milei auf die Stimmung von Kryptoanlegern. Beide Staatspräsidenten hatten für digitale Coins geworben und mutmaßlich über befreundete Unternehmen viele Millionen US-Dollar für die Digital-Coins TRUMP, MELANIA und $LIBRA eingenommen, deren Kurse danach einbrachen. Noch größer war die Belastung durch einen Hackerangriff auf die Kryptobörse Bybit. Mutmaßlich nordkoreanischen Angreifern gelang der digitale Diebstahl von Ether im Gegenwert von rund 1,5 Milliarden US-Dollar. Der Bitcoin kam erstmals seit der Rallye im November auf unter 88.000 US-Dollar zurück. Ether fiel, nachdem im Dezember 4.000 US-Dollar erreicht worden waren, auf das Niveau von Anfang November unter 2.500 US-Dollar zurück.
Der Goldpreis erreichte dagegen neue Rekordhochs über 2.900 US-Dollar pro Unze und bestätigte damit seinen Aufwärtstrend.
Im Blickpunkt: Hinter der gebrochenen Nachhaltigkeitswelle
Noch vor wenigen Jahren nahm das Thema Nachhaltigkeit bei Fonds breiten Raum ein. Mittelzuflüsse in nachhaltige Investmentfonds (sog. ESG-Fonds) sind bis 2021 stark gewachsen, brachen 2022 aber ein und haben sich seitdem nicht erholt. Laut einer Datenanalyse erklären inzwischen mehr als drei Viertel der Anleger, keine nachhaltigen Fonds zu wollen.
Ukraine-Krieg überlagert ESG-Thematik
Die ESG-Ermüdung dürfte auf verschiedene, zusammenwirkende Gründe zurückzuführen sein. Zum einen ist eine abnehmende Präsenz der Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Medien und in der öffentlichen Diskussion zu beobachten, was typisch für konjunkturell schwächere Phasen ist. Zum anderen wird die Wahrnehmung von dem seit drei Jahren akuteren Problem des russischen Angriffskrieges überlagert. Hinzu kommt eine gewisse Überforderung durch die ESG-Regulatorik bei Anlegern und ihren Beratern. Und schließlich dürfte auch ein geringes Vertrauen in die Wirksamkeit nachhaltiger Fonds eine Rolle spielen. Deutlich wird dies am Beispiel der in Europa unterschiedlichen Bewertung von Atomkraft, die zwar weitgehend klimaneutral, aber nicht im strengen Sinne nachhaltig ist.
Abkehr US-amerikanischer Asset Manager
In den USA ist seit der Trump-Wahl eine Abkehr etlicher US-amerikanischer Asset Manager von ESG-(Selbst-)Verpflichtungen zu beobachten. Auf Europa ist diese Entwicklung aber nicht übertragbar. Der regulatorische Rahmen wird auf EU-Ebene definiert und macht keine Abstriche an Nachhaltigkeitszielen. Der European Green Deal von 2019 verfolgt weiterhin das Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral werden zu lassen. Der damit unverändert gesetzte regulatorische Rahmen besteht im Wesentlichen aus den EU-Verordnungen 2019/2088, 2020/852 und 2022/1288, also der Taxonomie-Verordnung (2020/852) und der Offenlegungsverordnung (2019/2088 und 2022/1288).
Namensklarheit bei Nachhaltigkeitsfonds
Damit hatte sich die Fondsbranche bereits arrangiert. Zu schaffen machen dagegen vielen Fondsanbietern in Europa zurzeit die ESMA-Leitlinien zur Namensgebung bei Investmentfonds (ESMA Fund Naming Guidelines). Diese sind im November vergangenen Jahres für neue Fonds in Kraft getreten, gelten aber im kommenden Mai auch für bereits bestehende Fonds. Danach muss bei der Verwendung nachhaltigkeitsbezogener Begriffe im Fondsnamen dies die Anlage des Fonds zu mindestens 80 Prozent erkennbar widerspiegeln. In der Praxis stehen viele Fondsanbieter damit aktuell unter Druck, entweder die praktische Anlagestrategie solcher Fonds entsprechend zu ändern oder die Fonds umzubenennen. Der Anteil der davon betroffenen nachhaltigen Fonds wird auf 30 bis 50 Prozent geschätzt.
ESG-Ermüdung als Chance
In dieser ESG-Ermüdung sehen Fondsanbieter, die sich seit jeher der Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen, auch eine Chance. „Es ist natürlich ein Stück weit leichter, wenn nicht jeder mit riesigen Marketingabteilungen alle davon überzeugen will, dass er absolut grüne Produkte hat. Und wir sehen jetzt sehr deutlich, dass die Anbieter, die es nicht ernst meinen, für die das ein Marketinghype war, sich jetzt wieder zurückziehen“, erklärt dazu Franziska Peter von GLS Investment Management.
Auch andere Branchenvertreter stellen fest, dass die regulatorischen Vorgaben dem Thema zwar Aufmerksamkeit in der Breite bescherten, es aber auch nicht einfach machten, die Kapitalanlagen in das jeweilige Korsett zu zwängen.
„Für unsere Kunden (…) war es immer selbsterklärend, dass sie im Bereich der erneuerbaren Energien investieren, etwas für die Nachhaltigkeit und für den Klimaschutz tun und damit auch sehr zufrieden sind“, erklärt Jörg Bosboom von der ÖKORENTA.
„Impact“ und „Transition“ werden zwar stärker in den Vordergrund gestellt als früher, dürften aber aufgrund schwieriger Wirkungsnachweise kein vorherrschender Trend werden. So sei es bislang nicht erkennbar, dass diese Themen zu einer eigenständigen Fondskategorie werden könnten.