Börsenbericht: nach der Sommerrallye

Aktienmarkt

Das wichtigste Thema für die Börsen blieb im August die Geldpolitik der Notenbanken. Kein Wunder, denn die Notenbanken legen mit ihren Leitzinsen den Preis des Geldes fest. An den Börsen bildet sich der Preis für Kapital durch Angebot und Nachfrage. Beides hängt also auf das Engste zusammen.

Nachdem die US-Notenbank Mitte Juni ihren wichtigsten Leitzins, die sogenannte Fed Funds Rate, ein zweites Mal in diesem Jahr erhöht hatte – und zwar mit 0,75 Prozentpunkten ungewöhnlich hoch – setzte sich zunächst die Hoffnung durch, damit sei die Phase rasch aufeinander folgender hoher Zinsanhebungen vorbei. Damals wurden Äußerungen des Präsidenten des US-Notenbank, Jerome Powell, als Hinweis auf eine Verlangsamung der geldpolitischen Straffung verstanden. Und weil die Geschäftsergebnisse und Ausblicke der meisten Unternehmen noch sehr gut ausfielen, darunter bei den Indexschwergewichten Apple und Amazon, setzten die Börsen zu einer Sommer-Rallye an.

Der Dow Jones Industrial Average erholte sich vom Jahrestief am 15. Juni in den zwei Monaten bis zum 15. August um 15,6 Prozent. Der populäre US-Leitindex erreichte damit den Durchschnitt der vorausgegangenen 200 Tage, drehte dann aber wieder nach unten. Der noch stärker von großen Technologie-Aktien geprägte Nasdaq-100-Index stieg im gleichen Zeitraum sogar um 24,3 Prozent. Weil die Kursverluste zuvor deutlich höher ausgefallen waren, war das zu wenig, um den eigenen 200-Tage-Durchschnitt zu erreichen. Auch wenn die Kursgewinne für sich betrachtet als hoch einzustufen sind, gelang es der Sommer-Rallye nicht, den übergeordneten Abwärtstrend zu brechen.

Zwischenzeitlich größere Sorgen wegen der Spannungen zwischen China und den USA um Taiwan belasteten zwar die Aktienmärkte, spielten aber angesichts überraschend guter US-Konjunkturdaten und meist auch guter Unternehmensergebnisse keine große Rolle. Positiv wurden die Inflationszahlen für den Juli aufgenommen: Die US-Inflation wurde mit 8,5 Prozent nach 9,1 Prozent bekannt gegeben. Dies bestärkte die Hoffnungen, die US-Notenbank könne ihre Zinserhöhungspolitik bald lockern. Mitte August kippte dann die Stimmung. Die Sorgen, dass die hohe Inflation die Notenbanken bewegt, ihre restriktivere Geldpolitik mit weiteren Zinserhöhungen fortzusetzen, kehrten zurück. Insbesondere in Europa kommen konjunkturelle Risiken hinzu, weil Russland die Gaslieferungen reduziert und die Preise für Energie explodieren.

Die Börsen fieberten der Notenbankkonferenz von Jackson Hole entgegen. Die dortigen Äußerungen von Fed-Präsident Jerome Powell wurden als Fortsetzung der entschlossen restriktiven Geldpolitik verstanden und belasteten die Börsen. „Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Fortsetzung einer restriktiven Geldpolitik für einige Zeit notwendig machen“, sagte der Fed-Chef im Rahmen der Notenbankkonferenz. Zudem spreche die historische Erfahrung dagegen, die Geldpolitik zu früh zu lockern. Wie hoch die Zinsanhebung im September ausfallen wird, blieb aber unklar: „Unsere Entscheidung auf der September-Sitzung wird von der Gesamtheit der eingehenden Daten und den sich entwickelnden Aussichten abhängen“, sagte der Notenbanker. Es könnte jedoch ein erneut „außergewöhnlich großer“ Zinsschritt notwendig werden. Auch von der EZB wird mehrheitlich im September wieder eine große Leitzinserhöhung erwartet, nachdem einige EZB-Ratsmitglieder die Notwendigkeit betont hatten, die Inflation energisch und entschlossen zu bekämpfen.

Diese Aussichten belasteten nahezu alle Aktienmärkte weltweit, besonders wieder jene Aktien, die stärker von den Zinsen abhängig sind. Dies gilt für sogenannte Wachstums- und Technologieaktien, weil deren Bewertung weniger durch gegenwärtige Gewinne und Substanz gestützt wird als bei sogenannten Value-Aktien. Von letzteren sind aber wiederum viele stärker von der konjunkturellen Entwicklung abhängig – und da sieht es auch nicht gut aus.

An den europäischen Aktienmärkten hatte die Sommerrallye erst im Juli begonnen. Der Euro-STOXX-50-Index hatte sich bis Mitte August um fast 14 Prozent erholt, der DAX immerhin um gut 12 Prozent. Aber schon in der zweiten Augusthälfte ging der größere Teil der Sommerrallye wieder verloren. An den letzten Augusttagen fiel der DAX wieder unter 13.000 Punkte – das Kursniveau aus der ersten Julihälfte. Das Jahrestief bei 12.390 Zählern ist nicht mehr fern. Wie andere Aktienindizes wird der DAX im September und Oktober die bisherigen Jahrestiefs testen und möglicherweise unterschreiten. In den letzten Monaten des Jahres wird sich dann der Blick der Börsianer auf das nächste Jahr richten. Gut möglich, dass die Kursschwäche dann rückblickend als gute Kaufgelegenheit erscheinen wird.

 


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