Börsenbericht: Nur vereinzelte Gewinner – Blickpunkt: Japan im Aufwärtstrend

Börsenbericht: Nur vereinzelte Gewinner

Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank  (EZB) erhöhten Anfang Mai ihre Leitzinsen erwartungsgemäß  um jeweils 25 Basispunkte. Die Fed  Funds Rate liegt nach acht Zinserhöhungen seit März  2022 nun bei 5,00 bis 5,25 Prozent. Der Hauptrefinanzierungssatz  der EZB hat nach sieben Leitzinserhöhungen  seit Juli 2022 aktuell 3,75 Prozent erreicht  und der Spitzenrefinanzierungssatz 4,00 Prozent.  Geschäftsbanken erhalten für ihre Guthaben bei der  Zentralbank inzwischen wieder Zinsen von 3,25 Prozent.  Höher war die Verzinsung in der Geschichte  der EZB nur zwischen August 2000 und September  2001, also vor über 20 Jahren. Zudem verkaufen die  Notenbanken in großem Umfang die in den vergangenen  Jahren zur Stützung erworbenen Staatsanleihen,  was den Märkten weitere Liquidität entzieht.

Gewinnmitnahmen vor Leitzinserhöhungen

Vor den Leitzinsentscheidungen hatten an den Aktienmärkten  folgerichtig Gewinnmitnahmen überwogen.  Zwar sind die Zinsanhebungen und Zinserhöhungen  zur Bekämpfung der immer noch hohen  Inflation notwendig, sie belasten aber die Konjunktur-  und Kursentwicklung. Von den Verlautbarungen  der Notenbanken anlässlich ihrer Zinsschritte zeigten  sich die Märkte eher enttäuscht, weil es keine klare  Absage an weitere Zinserhöhungen gab – trotz der  weiter schwelenden Bankenkrise unter den US-Regionalbanken.  Die schwer angeschlagene kalifornische  First Republic Bank wurde von der US-Großbank JP  Morgan übernommen, um die Krise einzudämmen.

Zunächst war die Kursentwicklung einiger US-Technologie-  Aktien schlechter, weil sich der PC-Markt  schwächer als erwartet entwickelte. Apple konnte  das mit einem starken iPhone-Geschäft überkompensieren.  Die Veröffentlichung der Unternehmensergebnisse  aus dem ersten Quartal lösten zwar bei  vielen Aktien Kursreaktionen in die ein oder andere  Richtung aus, vermochten dem Gesamtmarkt aber  keine richtungsweisenden Impulse zu geben.

Zum Belastungsfaktor wurde im Verlauf des Monats  zunehmend der politische Streit um die US-Schuldenobergrenze.  Sollten sich die regierenden Demokraten  nicht mit den oppositionellen Republikanern  einigen, dürften die Staatsausgaben ab Juni nicht  mehr durch Ausgabe neuer Staatsanleihen finanziert  werden. Wenn dann fällige Staatsanleihen nicht zurückgezahlt  werden, würde das die Finanzmärkte  und in Folge wohl auch die reale Wirtschaft schwer  erschüttern. Nur die Erwartung, dass es wie bei früheren  Anhebungen der Schuldenobergrenze kurz  vor der Zahlungsunfähigkeit wieder zu einer Einigung  kommen dürfte, erlaubte wieder Kursgewinne.

Künstliche Intelligenz als Zugpferd für Technologie-Aktien

Investoren kauften bevorzugt Aktien, die mit dem  Thema Künstliche Intelligenz in Verbindung gebracht  werden, weil sie von dieser Technologie starke Veränderungen  im Wirtschaftsleben erwarten. Allerdings  steigt die Zahl der Marktbeobachter, die vor  einer neuen Techblase warnen.

Tatsächlich waren es auch in den vergangenen Wochen  fast ausschließlich Aktien von Technologie-  Unternehmen, die höhere Kursgewinne verzeichnen  konnten. Aufgrund des hohen Einflusses, den große  Tech-Aktien wie Microsoft und Apple auf viele Aktienindizes  haben, können diese seit Jahresbeginn  in vielen Fällen hohe Zuwächse vorweisen, so der  Nasdaq-100-Index über 20 Prozent und der S&P-  500 immerhin gut 8 Prozent. Die Masse der Aktien  hat dagegen im laufenden Jahr kaum Kursgewinne  erzielt. So liegen sowohl der Dow Jones Industrial  Average als auch der US-Nebenwerteindex Russell-2000 nach den ersten fünf Monaten des Jahres  leicht im Minus.

DAX mit neuem Rekordhoch

Auch die europäischen Aktienbörsen verloren im  Mai den Schwung der Kurserholung von Mitte März  bis April. Innerhalb einer Handelssitzung erreichte  der Euro-STOXX-50 zwar ein neues Jahreshochs  bei 4.412 Zählern, konnte dieses aber nicht halten.

Dem Kursindex fehlen zudem die Dividenden, die in  großer Zahl im Mai ausgeschüttet wurden und zu Dividendenabschlägen  bei den Aktienkursen führten.  Damit konnte der Deutsche Aktienindex (DAX) als  Performanceindex den Vorteil nutzen, dass hier Dividenden  eingerechnet werden. Der DAX kletterte im  Mai zwischenzeitlich auf 16.331,9 Punkte und überschritt  damit seinen alten Rekord von 16.290 Zählern  aus dem November 2021 und Januar 2022.

Auffallende relative Stärke zeigte der japanische  Aktienmarkt, der angesichts seiner günstigen Bewertung  und verbesserter Aussichten für die japanische  Wirtschaft zunehmend von Investoren wiederentdeckt  wurde. Der Nikkei-225-Index stieg im Mai  deutlich, überwand dabei die Zwischenhochs der  vergangenen Jahre und erreichte mit über 30.900  Punkten den höchsten Stand seit 1990.

Euro-STOXX-50 verliert durch Dividendenabschläge

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Renditeanstieg bei zehnjährigen US-Staatsanleihen

Weil die Bankenkrise nach Übernahme der First  Republic Bank in den Hintergrund trat und die USKonjunktur,  insbesondere der Arbeitsmarkt, einen  robusten Eindruck machte, stieg die Rendite der  wegweisenden US-Staatsanleihen mit zehn Jahren  Laufzeit im Verkauf des Mais von unter 3,4 auf  über 3,8 Prozent. Die Rendite zehnjähriger deutscher  Bundesanleihen sank im Monatsverlauf zunächst auf  rund 2,2 Prozent, kletterte dann aber wieder auf gut  2,5 Prozent.

Der Goldpreis hatte vor allem im März von der Bankenkrise  und der damit verbundenen Hoffnung auf  ein Ende des Zinsanstiegs profitiert. Anfang Mai  scheiterte der Versuch, einen Aufwärtstrend oberhalb  der alten Rekordhochs zu bilden. Zwar erreichte  der Goldpreis kurzzeitig 2.081 US-Dollar pro Unze.  Wie schon in den Jahren 2020 und 2022 überwog  auf diesem Preisniveau die Verkaufsneigung, sodass  der Goldpreis im Monatsverlauf auf rund 1.950 USDollar  pro Unze zurückfiel.

Auch die Kryptowährungen konnten nicht an die  Kursgewinne aus dem Frühjahr anknüpfen und litten  unter Gewinnmitnahmen. Der Wechselkurs des Bitcoin  entfernte sich von der 30.000-US-Dollar-Marke  bis rund 26.000 US-Dollar nach unten. Der Ether-  Wechselkurs pendelte sich nach dem bisherigen  Jahreshoch bei 2.140 US-Dollar im April nun bei rund  1.800 US-Dollar ein.

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Exkurs: Japan im Aufwärtstrend

Nur wenige Anleger hierzulande haben japanische  Aktien auf dem Schirm. Das war vor 35 Jahren  anders. Damals galt Japan als bestes Investment  weltweit – und Anleger zahlen dafür Kurs-Gewinn-  Verhältnisse von 40 und mehr. Der Nikkei-225-Index  näherte sich der Marke von 39.000 Punkten und ein  Anstieg über 40.000 Zähler galt nur als Frage von  einigen Wochen. Doch auf die große Japan-Euphorie  der 1980er-Jahre folgte ab 1990 die große Ernüchterung.  Jahrzehntelang schnitt der japanische Aktienmarkt  unterdurchschnittlich ab – und die meisten  Investoren haben sich zurückgezogen.

Das gilt nicht nur für internationale Investoren, auch  bei den Japanern selbst hat die Neigung, in heimische  Aktien zu investieren, stark abgenommen.  Auf dem Zenit der internationalen Banken- und  Finanzkrise 2008 fiel der Nikkei auf knapp 7.000  Punkte. Danach erholte sich der Markt zwar, wurde  gemessen an den Fundamentaldaten aber preiswert.  Das Markt-KGV gemessen am Topix-Index und  auf Basis der für die kommenden zwölf Monate erwarteten  Unternehmensgewinne liegt bei nicht viel  mehr als 12 – deutlich günstiger als der weltweite  Durchschnitt, der vor allem wegen der großen, hoch  bewerteten US-Tech-Konzerne rund 50 Prozent  höher liegt.

Positiver Beitrag des Außenhandels am Wirtschaftswachstum

Während für die USA viele Experten eine Konjunkturschwäche,  ja sogar eine Rezession erwarten, erholt  sich die japanische Volkswirtschaft von den Krisen  der vergangenen Jahre. Das Bruttoinlandsprodukt  (BIP) legte im vierten Quartal 2022 um 0,6 Prozent zu  und erholte sich damit von einem revidierten Rückgang  um ein Prozent im Zeitraum von Juli bis September.  Entscheidend ist der Trendwechsel, der sich  abzeichnet. Die Exporte nahmen um 5,7 Prozent zu,  während die Importe um 1,6 Prozent sanken.

Der Chefanlagestratege der Deutschen Bank, Ulrich  Stephan, verwies unlängst auf den positiven Beitrag,  den der Außenhandel zum japanischen Wirtschaftswachstum  beiträgt. Er geht davon aus, dass die japanische  Wirtschaft 2023 „gemächlich weiterwachsen“  wird. „Dies sollte das erwartete Gewinnwachstum  börsennotierter japanischer Firmen von etwa vier  Prozent stützen“, sagte Stephan.

Sieg über die Deflation als Impulsgeber

Auf makroökonomischer Ebene dürfte der Sieg über  die Deflation der entscheidende Treiber für den Markt  sein. Die überraschende Anpassung des Kontrollmechanismus  für die Zinskurve durch die japanische  Notenbank sollte sich positiv auf das Geschäft japani5  GUT ZU WISSEN  scher Banken auswirken und könnte indirekt der ganzen  Volkswirtschaft helfen.

Aufmerksamen Investoren ist nicht entgangen, dass  die Holding Berkshire Hathaway von Starinvestor  Warren Buffett die Beteiligung an fünf japanischen  Handelskonzernen, den sogenannten Sōgō Shōsha  deutlich ausgebaut hat. Dabei handelt es sich um  Konglomerate, die – ähnlich wie Buffetts Berkshire  Hathaway – in einer Vielzahl von Bereichen aktiv sind.  Sie importieren unter anderem Metalle, Lebensmittel  oder Textilien in das ressourcenarme Japan, bieten  aber auch Dienstleistungen für das produzierende  Gewerbe an.

Warren Buffett baut Beteiligungen an Handelskonzernen aus

„Wir glauben, dass diese fünf Unternehmen nicht nur  einen Querschnitt Japans, sondern der ganzen Welt  darstellen“, sagte Buffet. „Sie sind Berkshire wirklich  so ähnlich. Sie besitzen viele verschiedene Dinge“,  erklärte er. Zusätzliche Investitionen in Japan seien  „immer eine Frage der Überlegung“. Dass er sich momentan  auf die fünf großen Handelshäuser konzentriert,  dürfte weiterhin der attraktiven Dividendenpolitik  und den Aktienrückkaufprogrammen geschuldet  sein. Darüber hinaus sind die Handelshäuser ähnlich  seiner Berkshire Hathaway auch als Investmentfirmen  aktiv. Analysten erklärten, Buffetts Interesse sei  eine Erinnerung daran, dass es in Japan attraktive  und preisgünstige Anlagemöglichkeiten gebe. Ausländische  Investoren könnten ermutigen werden, in  japanische Aktien zu investieren.  Fondsmanager nennen einen weiteren Treiber für  den japanischen Aktienmarkt: Unternehmen kaufen  in hohem Umfang ihre eigenen Aktien zurück. Während  diese Maßnahme bei hochbewerteten US-Tech-  Konzernen kritisch hinterfragt werden muss, ist der  Rückkauf eigener Aktien zu Kursen unter Buchwert,  also unter dem auf jede Aktie entfallenden Eigenkapital,  die konsequenteste und einfachste Methode,  Shareholder Value zu schaffen. Sogar die japanische  Notenbank ist seit Jahren als Käufer am Aktienmarkt  aktiv.

Technische Analyse spricht für Einstieg in den japanischen Aktienmarkt

Schließlich spricht auch die markttechnische Analyse  für einen Einstieg in den japanischen Aktienmarkt.  Seit Beginn des neuen Fiskal- und Geschäftsjahres  im April zeigt die japanische Börse relative Stärke. Im  Mai verließ der Nikkei-225-Index mit einem kraftvollen  Aufschwung die seit 2021 anhaltende Seitwärtsbewegung  und signalisiert den Beginn eines Aufwärtstrends.  Mit über 31.000 Indexzählern wurde der  höchste Stand seit 1990 erreicht. Die historischen Rekordwerte  knapp unter 40.000 Punkten erscheinen  nicht mehr unerreichbar. Mit dem Unterschied, dass  vor 34 Jahren viel Euphorie herrschte, jetzt noch  große Zurückhaltung.

Signalisiert den Beginn eines Aufwärtstrends: Nikkei-225-Index

Börsenbericht: Nur vereinzelte Gewinner - Blickpunkt: Japan im Aufwärtstrend

 

 


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