Börsenbericht: Zinssenkungsfantasie schrumpft – Blickpunkt: Gold und Silber auch als Wertpapier

Börsenbericht: Zinssenkungsfantasie schrumpft - Blickpunkt: Gold und Silber auch als Wertpapier

Börsenbericht: Zinssenkungsfantasie schrumpft

Schon in den ersten Wochen des Jahres mussten die Kapitalmärkte zur Kenntnis nehmen, dass die Erwartungen an unmittelbar bevorstehende und weitreichende Leitzinssenkungen überzogen waren. Angesichts guter Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten dürfte die US-Notenbank ihren Kampf gegen die Inflation noch nicht beenden. So dämpfte US Notenbankpräsident Powell die Erwartungen einer Lockerung der Geldpolitik nochmals. Die im Februar veröffentlichten Inflationszahlen für den Januar taten ein Übriges. Der Anstieg des Preisniveaus gegenüber dem Vorjahresmonat wurde für die USA mit 3,1 Prozent berechnet und damit höher als die mehrheitlich erwarteten 2,9 Prozent. Auch die weiterhin hohe Kerninflationsrate von 3,9 Prozent spricht gegen schnelle Leitzinssenkungen der US-Notenbank, die ähnlich der Europäischen Zentralbank (EZB) eine Inflationsrate von nur 2 Prozent anstrebt.

Ernüchterung an den Anleihemärkten

Vor allem an den Anleihemärkten machte sich diese Ernüchterung bemerkbar. Die Kurse von festverzinslichen Wertpapieren sanken, ihre Renditen stiegen dadurch. Für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stieg die Rendite von kaum mehr als 3,8 Prozent Anfang Februar auf mehr als 4,3 Prozent. Die Aktienmärkte verkrafteten die schrumpfende Zinssenkungsfantasie deutlich besser. Unter Führung der großen US-Technologieaktien blieb die Grundstimmung an den Aktienmärkten positiv. An die Spitze der größten Kursgewinner setzte sich von den „glorreichen Sieben“ wieder die Aktie des KI-Chipherstellers Nvidia. Getragen von abermals sehr guten Geschäftsergebnissen sprang die Aktie auf neue Rekordhöhen, wobei der Börsenwert des Unternehmens zeitweilig die Marke von zwei Billionen US-Dollar erreichte. Allein seit Jahresbeginn legte die Aktie rund 60 Prozent zu. Andere Wachstums- und Tech-Aktien litten dagegen unter dem Renditeanstieg. So notierte die Alphabet- Aktie in der zweiten Februarhälfte kaum höher als zum Jahresbeginn und Apple rund 5 Prozent darunter.

Rekordjagd an der Wallstreet

An der Wallstreet setzte sich die Rekordjagd fort. Der populäre Dow Jones Industrial Average Index stieg im Februar erstmals in seiner Geschichte über 39.000 Punkte und der für den Gesamtmarkt repräsentativere S&P 500 Index erstmals über 5.000 Zähler. Der noch stärker von großen Technologie-Konzernen geprägte Nasdaq-100 erreichte erstmals die Marke von 18.000 Punkten.

Entwicklung des S&P 500 Index im Dreijahresvergleich

Entwicklung des S&P 500 Index im Dreijahresvergleich

Entwicklung des STOXX 600 Index seit Februar 2021

Entwicklung des STOXX 600 Index seit Februar 2021

Die Aktienkurse der als „glorreiche Sieben“ (Magnificent Seven) bezeichneten größten Tech- Konzerne zeigten allerdings eine zunehmend unterschiedliche Entwicklung. Während der Chip-Hersteller Nvidia mit einem Kursanstieg um 60 Prozent seit Jahresbeginn Amazon von Platz drei der wertvollsten Konzerne hinter Microsoft und Apple verdrängte, verlor der Elektroautopionier Tesla seit Jahresbeginn mehr als 20 Prozent seines Wertes und rangiert mit einem Börsenwert von „nur noch“ gut 630 Milliarden US-Dollar nicht mehr auf Augenhöhe der übrigen Magnificent Seven, deren Marktkapitalisierung durchweg über einer Billion US-Dollar liegt.

Kursrallye auch bei europäischen Aktien

Auch die europäischen Aktienmärkte setzten die Kursrallye aus den beiden letzten Monaten des Vorjahres in den beiden ersten Monaten dieses Jahres fort. Dabei übertraf die Aufwärtsdynamik des Euro-STOXX-50 seit Ende Januar sogar diejenige der Nasdaq. Der Leitindex der Eurozone erreichte im Februar als Kursindex (ohne Dividenden) 4.880 Punkte, den höchsten Stand seit über 20 Jahren. Der wenig beachtete Performance-Index, bei dem die Dividenden wie beim populären DAX eingerechnet werden, schaffte mit über 11.300 Punkten neue Rekordwerte.

Der paneuropäische STOXX 600 Index kletterte sogar ohne Dividendeneinrechnung bis fast auf 500 Punkte und damit neue Höchststände. Die historischen Kurshochs hatten bei diesem Index im Jahr 2000 und im Jahr 2007 bei jeweils rund 400 Zählern gelegen.

Kursaufschwung in Japan, Stagnation in Indien

Gegenüber dem November und Dezember vergangenen Jahres deutlich beschleunigt zeigte sich der Kursaufschwung in Japan. Der Nikkei 225 Index stieg über 39.000 Punkte und konnte endlich seinen Rekordwert aus dem Jahr 1989 überwinden, der damals auf dem Zenit der Japan-Euphorie der 1980er Jahre erreicht worden war. Der indische Aktienmarkt konnte dagegen seine Kursrallye, die bis Mitte Januar für steigende Kurse gesorgt hatte, nicht mehr fortsetzen. So blieb der Sensex 30 Index der Bombay Stock Exchange (BSE) innerhalb der Bandbreite, die im Januar entstanden war. Nach den hohen Kurszuwächsen der Vormonate war der Februar von einer Seitwärtsbewegung geprägt. Die übergeordneten Aufwärtstrends sind intakt, aber nach den hohen Kursgewinnen dürfte eine ausgeprägte Konsolidierung nicht verwundern.

Umgekehrt zeigten die chinesischen Aktienmärkte, die im Januar mit neuen Tiefs ihre Abwärtstrends bestätigt hatten, im Februar erste Anzeichen einer möglichen Stabilisierung. In Hongkong drehte der Hang Seng Index nach einem Test der Zehn-Jahres-Tiefs bei knapp 15.000 Punkten nach oben. Der Index kehrte im Februar immerhin in die Nähe der 17.000er-Marke zurück. Der Rückzug der verschreckten Investoren dürfte nach drei verlustreichen Jahren so weit fortgeschritten sein, dass auch Maßnahmen der Regierung zur Stabilisierung der Kapitalmärkte Wirkung zeigen könnten.

Der Ölpreis blieb im Februar in der Spannbreite zwischen rund 70 und 84 US-Dollar pro Barrel. Auch beim Gold und anderen Metallen gab es keine auffälligen Preisveränderungen. Ein Unze Gold kostete im Februar zwischen gut 1.970 und knapp 2.090 US-Dollar. Damit bleib der Goldpreis in der vergleichsweise engen Bandbreite aus den beiden Vormonaten.

Blickpunkt: Gold und Silber auch als Wertpapier

Welchen Stellenwert sollte Gold in der Vermögensanlage haben? Die Meinungen dazu gehen weit auseinander – und schwankten im Laufe der Zeiten stark. Ende der 1970er Jahre beispielsweise, einem von hoher Inflation und eher schwachen Aktienmärkten geprägten Jahrzehnt, scheute man sich nicht, Gold mit einer deutlich zweistelligen prozentualen Gewichtung im Vermögen zu empfehlen. Ein Drittel galt manchem als Daumenregel. Dies erscheint heute nach einhelliger Meinung viel zu hoch.

Diversifikationseffekt in größeren Portfolios

Unbestritten ist aber, dass Rohstoff-Investments aufgrund der geringen Korrelation mit anderen Asset- Klassen einen positiven Diversifikationseffekt in größeren Gesamtportfolios erzeugen. Die durchschnittliche Gewichtungsempfehlung von Experten liegt in der Bandbreite von 5 bis 10 Prozent. Zeitweilig kann sie höher sein, wenn Investoren diese Quote aktiv im Zeitablauf variieren. Antizklisch, was bei Rohstoff- Investments aufgrund deren zeitlicher Länge viel Geduld erfordert. Oder prozyklisch, was eine marktnahe Beobachtung der Preisentwicklung voraussetzt. Erste Wahl bei Rohstoff-Investments bleibt Gold. Andere Edelmetalle kommen eher für aktivere Investoren in Frage, können aber inzwischen auch in Form vom Wertpapieren ins Depot aufgenommen werden.

1979 rückte Silber vorübergehend ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Silberspekulation der Brüder Hunt gipfelte schließlich im Januar 1980 in einem Preis von gut 50 US-Dollar für eine Unze Silber – ein Preis, der bis heute nicht wieder erreicht werden sollte. Die Platzen der Spekulationsblase, an der sich viele Anleger beteiligt hatten, schadete Silber als Anlageinstrument für lange Zeit. Aber auch Gold fiel ab 1980 in Ungnade und geriet in einen zwanzigjährigen Bärenmarkt.

Erwerb physisch und über Terminbörse möglich

Schon den Brüdern Hunt standen grundsätzlich zwei Wege zur Verfügung, Silber zu kaufen, die sie auch beide nutzten. Der Kauf des physischen Metalls in Form von Barren und Münzen und der Kauf über die Terminbörse. Beides hat Vor- und Nachteile, die bis heute grundsätzlich weiter bestehen. Der Kauf von physischen Rohstoffen verursacht vergleichsweise hohe Transaktionskosten, erkennbar an der Geld-Brief-Spanne zwischen An- und Verkaufskursen. Transport und Lagerung verursachen Kosten und müssen vor Verlustrisiken geschützt werden. Dabei gilt es nicht nur kriminelle Gefahren im Auge zu behalten, denn Edelmetallbesitzern können auch von staatlicher Seite Verluste drohen. Goldbesitzverbote gab es unter anderem in Deutschland mehrfach zwischen 1923 und 1955, in Frankreich 1936 bis 1937, in Großbritannien 1966 bis 1971 und in den USA von 1933 bis 1974. Letztere waren noch sehr präsent, als die Brüder Hunt begannen, Silber anzuhäufen, und veranlasste sie, das physische Silber teils in eigens gecharterten Frachtflugzeugen nach Zürich und London zu bringen – ein extremes Beispiel für Kosten bei physischen Edelmetallinvestments.

auch der Handel an den Terminbörsen ist nicht vor Regeländerungen sicher. Als die New York Commodities Exchange (COMEX) dem ins Ungleichgewicht gebrachten Silbermarkt nicht mehr tatenlos zusehen wollte, erlies sie im Januar 1980 die Silver Rule 7, wonach neue Long-Positionen nur eingegangenen werden durften, um bestehende Short-Positionen zu schließen. Dies brachte die Spekulationsblase zum Platzen, was wenige Wochen später mit dem Bankrott der Brüder Hunt endete.

ETCs als effiziente Kaufalternative

Dem heutigen Anleger bietet sich mit Exchange Traded Commodities, kurz ETCs, eine Alternative zum Erwerb von physischen Edelmetallen. Diese beschreiten auch beide Wege, um die Wertentwicklung der zugrunde liegenden Basiswerte abzubilden. Es gibt ETCs, die physisch hinterlegt sind, und solche, die an den Terminmärkten positioniert sind. Letztere bergen entgegen einem Vorurteil kein grundsätzlich höheres Risiko, denn auch wenn das Fondsvermögen nicht selbst im Edelmetall investiert ist, so ist es doch als Sondervermögen vorhanden. Es findet ein täglicher Barausgleich statt, d.h. bei steigenden Preisen steigt das Fondsvermögen entsprechend und umgekehrt. Zudem bringt das in der Regel sehr konservativ angelegte Fondsvermögen sogar noch Zinserträge.

Je nach zugrunde liegendem Rohstoff und der aktuellen Situation am Terminmarkt kommen noch Gewinne auf der Terminkurse hinzu. So gibt es Rohstoff-ETCs, die gezielt dort höher investieren, wo die Terminkurse günstiger sind als die aktuellen Kurse am Kassa- bzw. Spot-Markt. Bei Edelmetallen spielt diese Situation, Backwardation genannt, allerdings keine große Rolle, weil die Lagerkosten von Edelmetallen vergleichsweise gering sind (anders als bei Industriemetallen oder Energieträgern) und Zinsen dafür sorgen, dass die Terminkurse in der Regel über den Kassa- bzw. Spot-Preisen liegen (Contango).

Aktien von Minenunternehmen als weitere Option

Schließlich gibt es mit der Anlage in Aktien von entsprechenden Minenunternehmen eine Möglichkeit, indirekt von steigenden Rohstoff- bzw. Edelmetallpreisen zu profitieren. Die Entscheidung für Minenaktien ist allerdings auch mit den typischen Risiken von Aktieninvestments behaftet. Zum Preisänderungsrisiko des Gesamtmarktes kommen zahlreiche unternehmensspezifische Risiken. Oft zeigen sich eine deutlich höhere Volatilität und eine Hebelwirkung gegenüber dem zugrunde liegenden Edelmetallpreis.

Kapitalmarktexperte verweisen aktuell auf die ungewöhnlich weit geöffnete Schere zwischen dem Goldpreis, der unweit seines Rekordhochs bei gut 2.000 USDollar pro Unze notiert, und den gesunkenen Kursen von Goldminenaktien. Auch bei anderen Rohstoffen sei eine Aufholjagd der in der jüngeren Vergangenheit stark gesunkenen Aktienkurse nur eine Frage der Zeit.

 


Quelle: „GUT ZU WISSEN…“ erscheint bei der Drescher & Cie Gesellschaft für Wirtschafts- und Finanzinformationen mbH, Postfach 2165, 53744 Sankt Augustin. Trotz sorgfältiger Auswahl der von der Drescher & Cie GmbH als zuverlässig eingestufter Quellen und Informationen kann für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte nicht gehaftet werden. Dies gilt insbesondere für Inhalte, die nicht von der Redaktion der Drescher & Cie GmbH, sondern von Dritten stammen. Inhalte der Redaktion sind anhand der jeweiligen Kürzel am Ende der redaktionellen Beiträge erkennbar, welche sich auf der Internetseite investmentredaktion.de/redaktion wiederfinden lassen. Die Inhalte der „GUT ZU WISSEN…“ dienen ausschließlich Informationszwecken. Sie stellen weder eine individuelle Anlageempfehlung noch eine Aufforderung zum Kaufoder Verkauf von Wertpapieren dar. Kein Teil der „GUT ZU WISSEN…“ oder dessen Format darf (auch auszugsweise) ohne die ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung der Drescher & Cie GmbH oder ohne eine entsprechende schriftliche Vereinbarung mit der Drescher & Cie GmbH zur Nutzung der In halte und / oder des Formats der „GUT ZU WISSEN…“ (Nutzungsrecht) reproduziert, nachgedruckt oder sonst vervielfältigt oder verbreitet werden. Jede im Bereich eines gewerblichen Unternehmens hergestellte oder genutzte Kopie (auch auszugsweise) ohne Nutzungsrecht verpflichtet zur Gebührenzahlung an den Verleger. Regelungen zu einem Nutzungsentgelt im Rahmen einer Einräumung eines Nutzungsrechts bleiben unberührt. (c) 2021 Drescher & Cie GmbH
Facebook
Twitter
LinkedIn
XING
Telegram
WhatsApp

Hat Ihnen der Blog-Beitrag gefallen?

Melden Sie sich jetzt ganz einfach kostenfrei und unverbindlich an, um regelmäßig Tipps und Tricks rund um Geldanlagen, Finanzen und vielem mehr zu erhalten.

Weitere Beiträge