Börsenbericht: Sorgenvolle Blicke in Richtung USA – Blickpunkt: Den Rüstungsboom (noch) mitmachen?

Börsenbericht: Sorgenvolle Blicke in Richtung USA – Blickpunkt: Den Rüstungsboom (noch) mitmachen?

Börsenbericht: Die USA verlieren Trumps Handelskrieg

Die chaotische Zollpolitik von US-Präsident Trump blieb das beherrschende Thema an den Märkten. Die Zusatzzölle gegen China wurden nach wenigen Tagen einseitig von den USA ausgesetzt. Auf Drängen mehrerer Automobilhersteller in den USA milderte Trump auch deren Belastung durch Sonderzölle ab. Ein Handelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA wurde als positives Signal gewertet. So hatte sich der britische Außenhandel nach dem EUAustritt 2020 nicht wie dort erhofft entwickelt, was London eine schwache Verhandlungsposition bescherte.

Kursgewinne nach temporärem Aufschub im Zollstreit

Am 12. Mai kündigten Washington und Peking an, für 90 Tage geringere Zölle zu erheben, um eine Einigung zu erzielen. Die US-Zölle auf chinesische Waren würden für diesen Zeitraum von 145 auf 30 Prozent gesenkt, während China die Zölle auf amerikanische Waren von 125 auf 10 Prozent zu senken beabsichtigte. Dies wurde an den Aktienmärkten mit Erleichterung und Kursgewinnen aufgenommen.

Dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal überraschend schrumpfte, wird bereits auf Trumps Politik zurückgeführt. Eine schwächere Konjunkturentwicklung in den USA würde wenigstens die Chancen auf eine geldpolitische Lockerung durch die US-Notenbank erhöhen. Die Fed signalisierte aber, dass sie sich mit weiteren Zinssenkungen Zeit lasse. Raschen Leitzinssenkungen stehen die Risiken für die Inflation entgegen, die durch die Zölle entstehen. Weil der größte Teil der Einfuhren kurz- und sogar mittelfristig nicht durch heimische US-Produktion ersetzt werden kann, dürften die Zölle zu hohen Preissteigerungen führen.

Negativer Impact der Zölle auf US-Unternehmen

Zwar ist der Verbraucherpreisindex für den April auf den niedrigsten Stand seit Februar 2021 gesunken, aber die Wirkung der Zölle dürfte erst in der Jahresmitte stärker spürbar werden. Trotz der Deeskalation zwischen den USA und China erheben die USA jetzt durchschnittlich die höchsten Einfuhrzölle seit 1937. Zudem sprechen erste Daten dafür, dass sich die Zölle negativ statt positiv auf die Gewinnspannen der US-Unternehmen auswirken, insbesondere im Einzelhandel. Die Kernumsätze im Einzelhandel fielen im April gegenüber dem Vormonat, vor allem aufgrund von Rückgängen bei Sportartikeln und Kaufhäusern. Die Stimmung bei Kleinunternehmen in den USA ist den vierten Monat in Folge gesunken und die Stimmung im Baugewerbe erreichte im Mai den niedrigsten Stand seit Ende 2023. Das vorläufige, von der Uni Michigan erhobene Verbrauchervertrauen für Mai ist auf ein Dreijahrestief gefallen.

Erholung am US-Aktienmarkt durch gute Quartalszahlen

Dass sich trotz eingetrübter Konjunkturaussichten der US-Aktienmarkt erholte, lag an überwiegend guten Unternehmensergebnissen. Rund 90 Prozent der 500 Unternehmen, deren Aktien im S&P 500 Index zusammengefasst werden, haben ihre Ergebnisse für das erste Quartal gemeldet und drei Viertel von ihnen übertrafen die Gewinnschätzungen. Durchschnittlich lagen die Unternehmensgewinne 12 Prozent höher als vor einem Jahr. Insbesondere USTechnologieaktien unter Führung des KI-Chipherstellers Nvidia zeigten eine weitreichende Kurserholung. Auch die Quartalsberichte der Tech-Riesen Microsoft, Meta und Alphabet fielen gut aus.

Der Dow Jones erholte sich vom Tiefpunkt des „Trump-Zoll-Crashs“ um 17 Prozent und kehrte mit Werten um 42.500 Punkten wieder in die Bandbreite zurück, die im vierten Quartal vergangenen Jahres erstmals erreicht worden war. Der für den Gesamtmarkt repräsentativere S&P-500-Index stieg vom Tiefpunkt im April sogar um gut 23 Prozent, erreichte aber trotzdem nicht ganz das Niveau vom Februar. Beim Nasdaq-100, der mit seinen hoch gewichteten großen Technologie-Aktien besonders unter der angekündigten Zollpolitik gelitten hatte, erreichte die Kurserholung vom Tief aus fast 30 Prozent. Auch der Nasdaq-100 blieb aber unter den Rekordhöhen aus dem Februar.

Aufwärtsbewegung auch bei europäischen Aktien

Ähnlich erholt zeigten sich die europäischen Aktienmärkte, so kletterte der Euro-STOXX-50 vom April- Tief um 20 Prozent wieder auf rund 5.400 Zähler. Die Quartalsberichtssaison fiel allerdings nicht so gut aus wie in den USA. Nachdem fast 90 Prozent der Unternehmen, deren Aktien im STOXX 600 erfasst werden, berichtet haben, konnten 62 Prozent davon die durchschnittlichen Gewinnschätzungen der Analysten übertreffen.

Stoxx Europe 600 auf Erholungskurs

Stoxx Europe 600 auf Erholungskurs

Insgesamt ergab sich jedoch kein Anstieg der Gewinne gegenüber dem ersten Quartal des Vorjahres. Auch die Umsätze lagen ungefähr auf Vorjahresniveau. Drei von elf Sektoren verzeichneten sogar einen Umsatzrückgang. Von der schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung ließen sich die europäischen Aktien nicht aufhalten. Der deutsche Aktienindex DAX erreichte im Mai sogar neue Rekordhöhen und notierte erstmals über 24.000 Punkten.

US-Dollar gegenüber Euro auf Talfahrt

US-Dollar gegenüber Euro auf Talfahrt

Auch der japanische Aktienmarkt erholte sich vom „Trump-Zoll-Crash“ und erklomm wieder das Kursniveau vom März. Der Nikkei-225-Index liegt allerdings noch rund 7 Prozent unter dem Stand vom Jahresbeginn. Auch in Japan liegen die Quartalsergebnisse von rund 90 Prozent der Aktiengesellschaften vor. 53 Prozent übertrafen die Gewinnschätzungen und sowohl die Umsatzerlöse als auch die Gewinne lagen im Durchschnitt 4 Prozent höher als vor einem Jahr.

US-Staatsschulden bleiben Sorgenkind

Die Sorgen vieler Kapitalmarkt-Strategen gelten den US-Staatsschulden. In einer Umfrage, die schon Mitte Mai durchgeführt wurde, äußerten sich 54 Prozent der Experten besorgt über den Status von US-Staatsanleihen als sicherer Hafen. Ein paar Tage später billigte das US-Repräsentantenhaus mit knapper Mehrheit Trumps Gesetz für weitere Steuersenkungen. Demnach sollen die Steuern für Reiche nochmals gesenkt werden. Weil die Gegenfinanzierung über eine weitere Absenkung der Sozialleistungen nicht ausreicht, dürften die ohnehin besorgniserregend hohen Staatsschulden der USA weiter steigen. Die von Trump und Musk angekündigten Einsparungen im Staatsapparat erreichten bislang nur einen Bruchteil der Versprechungen.

Blickpunkt: Den Rüstungsboom (noch) mitmachen?

Blickpunkt: Den Rüstungsboom (noch) mitmachen?

In Zeiten geopolitischer Spannungen und wachsender Verteidigungsausgaben rücken Rüstungsinvestments in den Fokus vieler Anleger. Um Russlands Eroberungsabsichten Einhalt zu gebieten, mobilisieren europäische Staaten Milliardenbeträge. Die Kurse von Konzernen wie Rheinmetall sind bereits sehr stark gestiegen und das Angebot an Fonds mit Rüstungsfokus wächst. Das wäre vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Aber angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und aggressiven Tönen aus Moskau gegenüber anderen Nachbarn und Westeuropa hat sich die Einstellung vieler geändert. Zudem lassen die wiederholten Aussagen des jetzigen US-Präsidenten, Europa solle sich selbst verteidigen, eine Aufrüstung in West- und Zentraleuropa als notwendiges Übel erscheinen.

Fonds mit Rüstungsaktien: Raus aus der Schmuddelecke

Auch Fondsgesellschaften überdenken vor diesem Hintergrund ihre Strategien. Eine Mehrheit der Fondsanbieter, die Rüstungsaktien bislang aus ethischen Gründen ausgeschlossen hatten, hält daran fest, aber nicht alle.

Allianz Global Investors (AGI), eines der beiden Fondshäuser des Versicherungskonzerns Allianz, hat sogar seine Fonds mit hohen ökologischen und sozialen Standards („ESG-Fonds“) unter bestimmten Bedingungen für Rüstungswerte geöffnet. Eine entsprechende Änderung der Investmentrichtlinien gab das Unternehmen Ende März bekannt. Konkret wurde der Ausschluss „militärischer Ausrüstung und Dienstleistungen“ gestrichen. Bislang galt eine Obergrenze von zehn Prozent der Umsatzerlöse mit militärischen Gütern. Unternehmen, die darüber lagen, standen auf der Ausschlussliste. Sogar Geschäfte im Zusammenhang mit Atomwaffen seien künftig erlaubt, sofern sie im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags stattfänden. Andere Investmentausschlüsse, etwa für geächtete Waffen, blieben bestehen.

Das Umdenken wurde mit dem anhaltenden Konflikt in der Ukraine und anderen geopolitischen Entwicklungen begründet. „Verteidigung wird heute mehr und mehr als eine Notwendigkeit für sozioökonomische Entwicklung gesehen“, erklärte dazu Matt Christensen, AGI-Verantwortlicher für nachhaltige Investments. Auch andere Fondsanbieter stellen fest, dass die Bereitschaft, in Rüstungsaktien zu investieren, stark gewachsen ist.

Nicht in börsenpsychologische Fallen tappen

Anleger sollten sich zunehmend die Frage stellen, ob die Zeit für größere Investments in Rüstungsaktien jetzt noch günstig ist. Oft steigt das Interesse vieler Anleger erst dann an, wenn ein Aufwärtstrend schon weit fortgeschritten ist. Experten warnen davor, in börsenpsychologische Fallen zu tappen, wenn man das Gefühl hat, an der Börse einen gewinnträchtigen Trend zu verpassen. Die Aktienkurse insbesondere der westeuropäischen Rüstungswerte spiegeln mit ihrem starken Kursanstieg seit 2022 bereits die Erwartung wider, dass in den kommenden Jahren in Europa viele Milliarden Euro in die Verteidigung investiert werden müssen.

Dieses Szenario ist also weitgehend in den aktuellen Bewertungen enthalten. Schon jede Hoffnung auf ein Ende der Kampfhandlungen in der Ukraine bremst auf dem erreichten Niveau den Aufwärtstrend, jede Fortsetzung des Krieges durch Russland befeuert ihn dann wieder. Inzwischen gibt es warnende Stimmen, die vor einem Kursrückschlag warnen. Sollten sich die europäisch-russischen Beziehungen wieder normalisieren, erwarten sie „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ hohe Kursverluste bei Rüstungsaktien.

Ende der aggressiven Politik Russlands: unwahrscheinliches Szenario

Der Markt hält ein solches Szenario aber für unwahrscheinlich. Das Putin-Regime hat sich auf eine aggressive Politik festgelegt. Es bedürfe also eines Regimewechsels in Moskau, eines Zusammenbruchs des bisherigen Systems der Russischen Föderation wie seinerzeit beim Zusammenbruch der Sowjetunion. Auszuschließen ist dies jedoch nicht. Zudem verweisen Fondsmanager auf die Gefahr, dass es in einem Hype zu Überbewertungen kommen kann.

Dieses Risiko treffe insbesondere passiv in Rüstungs- ETFs anlegende Investoren, bei denen naturgemäß solche Aktien am höchsten gewichtet werden, deren Marktkapitalisierung stark gestiegen ist, denn die Gewichtung in den ETFs folgt in der Regel dem Börsenwert. Fondsmanager betonen vor diesem Hintergrund die zunehmende Bedeutung einer selektiven Aktienauswahl. Gefahr von Überbewertungen und moralische Frage Und schließlich bleibt die moralische Frage, ob es richtig ist, die europäische Verteidigungsfähigkeit als Kapitalgeber zu stärken, oder falsch, weil man sich an der Herstellung von Waffen beteiligt, die, wenn sie eingesetzt werden müssten, zum Leid und Tod von Menschen führen.

Fazit: Die Notwendigkeit für hohe Verteidigungsausgaben in Europa wurde seit 2022 immer offensichtlicher, spätestens mit der Russland-freundlichen Politik von Trump, die Moskau zu weiterer Aggression ermutigt, wenn sich die demokratischen Länder Europas nicht selbst verteidigen können. Dies hat in den vergangenen drei Jahren zu einer Neubewertung des Verteidigungssektors geführt. Weil diese Neubewertung inzwischen weit fortgeschritten ist, ist das Chance-Risiko- Verhältnis im Rüstungssektor nicht mehr so wie vor ein oder zwei Jahren.


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